Gelebte Geschichte seit über 750 Jahren.
Wer sich denkt, dass diese Mühle nichts weiter erlebt haben muss als Getreide zu mahlen, der liegt falsch. Die Mühle hatte es nicht immer leicht, ist aber bis heute ein wichtiger Bestandteil des Stadtbilds von Königs Wusterhausen. Was sie alles durchgestanden hat und wer sie auf diesem Weg begleitet hat, wird im folgenden behandelt. Eins ist jedoch sicher: Langweilig oder eintönig ist diese Historie keinesfalls!
Erstmals 1366 urkundlich erwähnt prägt sie seitdem das Stadtbild von Königs Wusterhausen.
Nach den Stein-Hardenbergschen Reformen 1810 war es nun auch möglich, dass Müller Eigentümer von Grundstücken und somit auch von Mühlen werden konnten. Die Mühle, die bis dato zu den Königsrechten gehörten, wurde 1815 Privatbesitz. Müller Johann Gottfried Schreiber ersteigerte die damalige Schneide- & Mahlmühle in Königs Wusterhausen. Er gab damit den Startschuss der zahlreichen Wegbegleiter bis ins Jahr 2017.
Abgesehen von geschrotetem Getreide war auch die Mühlenbrücke zu dieser Zeit eine Einnahmequelle des Müllers. Dieser durfte nämlich Brückenzoll verlangen, für alle, die die Brücke passieren wollten. Wenn z.B. Leineweber aus dem Spreewald und Sachsen jedoch nicht zahlen wollten oder konnten, mussten sie eben kreativ werden. Ihre Idee war es nachts, still und heimlich über das Nottefließ zu schwimmen, um den Brückenzoll zu umgehen. Die Weber konnten damit 2 Thaler pro Schwein sparen. Die ein oder andere Blasenentzündung ließ sich jedoch nicht immer vermeiden.
Im Jahre 1859 begann dann der Lebensabschnitt Großkopf für die Mühle am Schloss. Sie befand sich für drei Generationen in der Familie. Carl Ludwig Großkopf kaufte die Mahl-, Öl- & Schneidemühle in Königs Wusterhausen für fünf Tausend Thaler. Familie Großkopf modernisierte die Technik der Mühle und ließ einige Umbauten am Gebäude vornehmen. 1869 wurde die Mühle mit einer stationären Dampfmaschine ausgestattet, die den wirtschaftlichen Betrieb unterstützen sollte.
Am 28.02.1911 starb Mühlenbesitzer Robert Großkopf. Seine Söhne Curt und Emil Großkopf übernahmen bis 1920 zusammen die Verantwortung für die Mühle. Bis 1926 leiteten dann Emil Großkopf und sein Kompagnon (Gesellschafter) Haubner die Mühle bis zu ihrem Konkurs. Nach dem wirtschaftlichen Zusammenbruch wurde die Mühle für einen gerichtlichen Verkauf freigegeben.
1930 wurde ein Teil des Gebäudes zu einer Badeanstalt eingerichtet, der andere Teil zu einem Kaufhaus Centrum. Im selben Jahr wurde die Badeanstalt eröffnet Es können sich noch viele Bürger KWs an die Badeanstalt erinnern, die bis zum Jahre 1980 betrieben wurde. Hier konnte man für nur 1 Mark baden gehen, für 2 Mark sogar mit Badezusatz. Ebenfalls gab es medizinische Wannenbäder, wie römisch-russische- oder Kohlensäurebäder. Massagen, Moorbäder oder Fußpflege wurden ebenso von Dienstag bis Samstag angeboten. Die Badeanstalt war gut besucht und beliebt unter den Bewohnern in KW.
1946 wurde die Mühle ein volkseigener Betrieb, sprich sie war Staatseigentum der DDR. Deshalb wurde die Aufschrift an der Fassade zu „VEB (K) Kreismühlenbetrieb – Königs Wusterhausen“ geändert.
Anfang der 80er wurde der Badebetrieb komplett eingestellt.
Auf dem Mühlengrundstück wurde bis 1991 nur noch Mischfutter produziert und die Menschen haben sich in ihren eigenen vier Wänden gewaschen.
Zwischenzeitlich wurde die Mühle von Arbeitslosen besetzt. Schilder hingen an der Fassade: „Besser die Jugend besetzt leere Häuser als andere Länder.“, stand auf ihren selbst bemalten Tafeln. Ein Motiv, welches dieser Tage traurige Aktualität erlangt.
Im Jahr 1993 wurde die Mühle an die Besitzer, Familie Müller, zurückübergeben. Sie wohnten zu dieser Zeit im Westen Deutschlands.
Günter Müller ließ die Mühle für 7500 Mark auf dessen baulichen Zustand und weitere Nutzungsformen untersuchen. Ausgehend von diesem Gutachten entstanden einige Ideen für die Zukunft. Müller konnte sich gut vorstellen, die Mühle in ein Hotel oder einen Bootshafen umbauen zu lassen. Günter Müller wollte die Mühle sogar wieder in Betrieb nehmen. Bis dato lag der Stadt aber noch kein Bauantrag vor. Wie der Baustadtrat Klingler in einem Interview mit dem Journalist Nick Reimer schilderte, müsse sich Müller jedoch beeilen und die Mühle so schnell wie möglich auf Vordermann bringen, ansonsten würde das Gebäude in sich zusammenfallen.
Inzwischen weist die Mühle eine Vielzahl an Mängel auf, zum Beispiel: „Das Gebäude weist folgende […] sofort erkennbare Mängel auf: Das Dach ist undicht […].“ Diese Darstellung könnte potenzielle Käufer abschrecken, da dieses Projekt eine hohe finanzielle Belastung bedeutet. Im Laufe der nächsten 5 Jahre geschah vieles um und am Gebäude der Mühle. Tiefbauarbeiten fanden statt und das Geländer der Mühlenbrücke wurde erneuert.
2001 bis 2002 wurde erneut ein Gutachten zur Grundstücksentwicklung der Schlossmühle und Mühleninsel erstellt. Mit der Planung eines zukünftigen Hotels wurde sich genauer befasst.
Erst 2003 erwarb der Fotograf und selbständige Immobilienmakler Andreas Jahn die Mühle und ließ sich von dem Flair des Gebäudes überzeugen. „Man muss noch das Öl und die Arbeit riechen und spüren.“, sagte Jahn in einem Interview. Er baute schon einige ältere Gebäude zu Filmkulissen und anderen Kulturstätten um.
Trotzdem strich einige Zeit ins Land bis richtig losgelegt werden konnte, da erst allen Bauanträgen stattgegeben werden mussten. „[…] So bleibt die Mühle vorerst […] ein Schandfleck“, wie der Journalist Heinz Borchert in der MAZ (2004) schrieb. Außerdem „warnte“ er vor abbröckelnden Putz der Fassade, der Passanten gefährden könne, wenn diese an der Mühle entlang spazieren.
2007 begannen endlich die längst überfälligen Sanierungsarbeiten an der Mühle. Das Dach, die Fenster und die komplette Fassade wurden auf Vordermann gebracht. Bereits 2009 konnten Besucher am „Deutschen Mühlentag“ sich durch die Mühle führen lassen. Andreas Jahn übernahm dabei selbst den Rundgang und zeigte stolz erhaltene Maschinen und Mühltechnik zu Zeiten, bei der die Mühle noch das Korn mahlte.
Im Dezember 2017 hieß es dann „Der neue Müller ist Architekt“, als Wolf Ahner die Mühle am Schloss erwarb. Andreas Jahn übergab nun den Staffelstab an Wolf Ahner: „So war es mir ganz lieb. Ich habe es angestoßen, andere machen jetzt weiter.“
Ahner verfolgte dabei ähnliche Ziele wie Jahn. Der urige Charakter des Gebäudes soll erhalten bleiben. Dabei werden so viel Materialien der Mühle verwendet wie nur möglich. Er legte dabei ein ordentliches Tempo vor. Im Februar 2018 wurde mit den Bauarbeiten begonnen. Ende des Jahres zog er mit seinem Planungsbüro in die Mühle ein.
Auch Wolf Ahner hat Großes mit der Mühle vor: 2 Ferienwohnungen mit Namen: ‚Flussnixe‘ und ‚Mühlengeist‘, drei Eventräume (Goldkeller, Mühlencafé und Geistesblitz) haben Platz im Haus gefunden. Des Weiteren haben auch Unternehmensberater, Architekten, Gebäudeverwaltung, Rechtsanwälte, Hausmeisterservice und weitere Firmen im Co-Working Space neben dem Landschaftsarchitekturbüro von Wolf Ahner ihren Sitz in der Mühle.
2019 wurde dann der Schriftzug an der Fassade von „VEB (K) Kreismühlenbetrieb“ zu „Wassermühle am Schloss“ wieder zurück geändert. Im Lebenslauf der Mühle stellt diese Zeitepoche nur einen Wimpernschlag dar und hat wenig zum Erhalt des Gebäudes beigetragen.
Auch nach 750 Jahren ist die Historie der Mühle noch lang nicht vorbei. Sie hat Höhen und Tiefen erlebt und prägt bis heute das Stadtbild in Königs Wusterhausen und wird dies zukünftig noch deutlicher tun. Das Gebäude wird an den Stadtfesten partizipieren, die Eventräume können von Privat für Feiern und Ehrentage oder für Lesungen, Schulungen oder andere Veranstaltungen gemietet und in den sehr großen und mit hohem Standard ausgebauten Ferienwohnungen übernachtet werden. Die Laternen in den Fenstern zur Halloweenzeit und der Adventskalender mit 24 Lichterzahlen in der Vorweihnachtszeit sind jetzt schon legendär.
Es wird zwar schon sehr lange in dieser Mühle kein Korn mehr gemahlen, aber die Mühle hat heute eine neue Bestimmung gefunden. Die alte Wassermühle am Schloss ist zu einem Ort zum Verlieben geworden, an dem Geschichte, Kultur und hydrothermische Energiegewinnung aufeinandertreffen.
Hier weiß man immer noch, die Spreu vom Weizen zu trennen.